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Ankommen mit den Ohren. Benedikt Reidenbachs Debütalbum Eins beweist Mut zur Einfachheit, zum schlichten, kristallinen Spiel wie zum erdigen, komplexen Klang. Seine Virtuosität kommt ohne falschen Schnörkel aus. Der Gitarrist beweist dabei dennoch mit seiner Neuerscheinung ganz unaufdringlich, wie vielseitig zeitgenössischer Jazz sein kann. Einflüsse aus dem Volkslied und Anklänge ans Überlieferte will er dabei gar nicht verleugnen – starke Melodien finden ihre Bodenhaftung in einer ursprünglichen Harmonik, sind Lieder ohne Worte, bilden zeitlose Klangbilder im Hier und Jetzt (Schattenwalzer).

Erst auf den zweiten Blick fällt dann auf, dass Eins natürlich auch ein Gitarren-Album ist. Verstiegene Griffbrettakrobatik? Weit gefehlt. Seine Virtuosität ordnet der Interpret Reidenbach immer den Kompositionen unter (Windgleiter). „An das Material bin ich wie ein Produzent herangegangen, habe viel mit der Orchestrierung experimentiert und mich am Ende für die Version entschieden, welche dem Song am meisten diente", erklärt er. Herausgekommen sind vierzehn Stücke, die technische Brillanz zwar anklingen lassen, sich aber nie als Selbstzweck auf sie verlassen.

Musikalische Herkunft ist ein wichtiges Thema für Benedikt Reidenbach. Sohn eines Kirchenmusikers, prägte ihn die klangliche Gewalt der Großinstrumente. Er selbst ist heute ebenfalls als Organist tätig und lässt auch in seine Eigenkompositionen als Gitarrist Elemente dieser so anderen musikalischen Welt einfließen. Sie ermöglichen dem Hörer Ausflüge in sphärische Klangwelten und archaische Tonalitäten (Epilog). Sein Gitarrenspiel wiederum hat Reidenbach im Schein der Lagerfeuer gelernt, Fahrtenlied und Irish Folk (The Star of the County Down) begleiten ihn seitdem in ihrer eigenen Harmonik und Melodik bis heute. Mit ganz anderen Hörerfahrungen prägte ihn schließlich die Musik Pat Methenys, die ihm den Weg hin zum Jazz und zur Improvisation eröffneten. Was folgte, war ein Studium der Jazz-Gitarre an den Musikhochschulen von Köln, Amsterdam, Berlin und am Berklee College of Music in Boston.

Seit Ende seines Studiums hat Benedikt Reidenbach vor allem als musikalischer Begleiter nationaler und internationaler Künstler (z. B. für Gitte Haenning, Sebastian Studnitzky, Emiliana Torrini und Lisa Bassenge) gearbeitet. Beständig erweiterte er dabei seine technischen und stilistischen Möglichkeiten: Einflüsse aus Bluegrass, Country Blues, Western-Swing und Americana sind auch auf Eins nicht zu überhören (Westernnovelle). Sie verschmelzen hier zu einem ganz eigenen musikalischen Vokabular.

Mit den Musikern dieses Albums musiziert Reidenbach schon seit langer Zeit. Wie bei zahlreichen zurückliegenden Projekten konnte er sich bei dieser Produktion auf ihre einzigartigen Qualitäten verlassen: Olivia Trummers Klavierspiel bzw. ihr Gesang entfalten ihren ätherischen Charakter und bereichern damit die liedhafte Gestalt der Kompositionen; Paul Kleber am Kontrabass grundiert diese musikalischen Bildwelten, während Rainer Winch sie am Schlagzeug farbenreich abschattet und rhythmisch durchgliedert – ebenso wie Bodek Janke, dessen Percussion dem Stück Windgleiter einen Hauch weltmusikalischer Weite verleiht.